Dienstag, 16. September 2008

Laptop und Lederhose und Krankenkassenzeitschrift

Im Leben eines nicht mehr ganz jungen Mannes kommt der Moment, in dem er sich zum ersten Mal Gedanken über seine Krankenversicherung machen muss. Ich habe mir nicht ganz so viele Gedanken gemacht und mich wie wahrscheinlich viele andere auch auf den väterlichen Rat verlassen und bin einfach in der Krankenkasse geblieben, in der ich vorher schon familienversichert war. So weit, so unspektakulär. Neu war aber, das ich als eigenständiges Mitglied nun ein eigenes Exemplar des firmeneigenen Faszikels geliefert bekam. Eine ob des Themas nur mäßig sexy anmutende Zeitschrift mit dem Namen "xund".



Der Titel beschäftigte mich längere Zeit, als ich jemals für den Inhalt aufgewendet habe: Obwohl ich mich dem Nerdtum nicht allzu nahestehend einschätzte, konnte ich mir den Titel nicht so richtig erklären - ich interpretierte ihn als "x und" im Sinne eines boolean'schen Operators wie X-oder. Wie ich gerade im Moment des Schreibens festelle, wäre das einem echten Nerd nie passiert - ein X-und gibt es gar nicht , sondern nur ein n-und. Wie auch immer, trotz aller Versicherungsmathematik schien mir ein logischer Operator als Titel der Mitgliederzeitschrift selbst für eine Krankenkasse zu trocken.

Es dauerte noch lange, bis mir endlich das Licht aufging - manchmal braucht's eben etwas länger. Beispielsweise musste ich erst lesen lernen, um zu erkennen, dass das vormals vollkommen eingenständige Wort "Schlawwanzuch" eigentlich ein aus den Wörtern Schlaf und Anzug zusammengesetztes Kompositum ist.
Auch im Fall "xund" half mir die Kulturtechnik Lesen weiter - ein Brief der Firmenzentrale brachte mich auf die heiße Spur. Nach der erfolgreichen Zusammenlegung der ehemals eigenständigen Kassen würde man nun alle Kunden aus der neuen Zentrale in 89518 Heidenheim betreuen, hieß es darin. Ahaa! Tiefstes Süddeutschland, Bayern oder Baden-Württemberg - und schon hat der Name einen Sinn, den der von einer Krefelder Institution ausgehende Kunde unmöglich entschlüsseln konnte: Xund wie g'sund! Jaha! Unfassbar die Genugtuung über die neu errungene Erkenntnis, die Beseitigung des nagenden Zweifels, ein Triumph des Geistes. Da hat man keine Zeit, sich der vorherigen Beschränktheit zu schämen.

Doch Demut ist angebracht. Denn die Fast-Bayern meiner Krankenkasse, diese Pisa-Sieger von der bayrisch-baden-württembergischen Grenze beschämen den gemeinen Preussen mit ihrer anspruchsvollen Namensbildung, die auf noch mehr Ebenen funktionert, als angenommen.

Da flattert die neue Ausgabe der xund ins Haus, Thema diesmal: Stress bei Kindern und Jugendlichen. Eben jene wollen im Stress der Pubertät ja schon mal die Welt auf den Kopf stellen. Und nun erst, als ich die Zeitschrift auf den Kopf stelle, erschließt sich mir dummen, agnostischem Pisa-Versager die Dreifaltigkeit:



Nicht nur Laptop (x-und) und Lederhose (g'sund) haben diese gottesfürchtigen Südländer in ihrem Titel untergebracht, nein auch den heiligen Punk. Förmlich die Antithese zu logischer Ordnung und Gesundheit, ein Ying-Yang in Dreieinigkeit mit Zweidrittelmehrheit für das Beständige. Verdammte Genies.

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